Im neuen Musical der Chamäleon-Gruppe verschwimmen Technik und Gefühl, Realität und Wunsch – mit poetischer Kraft. Eine berührende Geschichte über Verantwortung, Nähe und einen großen Fehler.





Was macht ein Menschenleben aus? Reicht es aus Geld zu haben – oder braucht es mehr? Die Chamäleon-Theatergruppe stellte in ihrem neuen Kindermusical „Zoo und so“ genau diese Frage. Mit einer tiefgründigen Geschichte und starken Charakteren, getragen von 17 jungen Darstellerinnen und Darstellern, brachten sie am vergangenen Wochenende ein fantasievolles und bewegendes Stück auf die Bühne.
Im Mittelpunkt der 90-minütigen Aufführung stehen Romy, die Zoodirektorin Stern und ihre Verbindung.
Romy ist eine Roboterin, äußerlich ein Mädchen, innerlich ein Programm. Sie putzt, füttert, striegelt, ordnet – aber fühlt sie auch? Im Laufe des Stücks beginnt sie Fragen zu stellen. Und die Zuschauer merken: In ihr steckt Menschlichkeit.
Ihre Gegenspielerin ist Frau Zoodirektorin Stern. Eine reiche und dominant Person, doch auch einsam und mit einem unsäglichen Geheimnis.
Ein Zoo voller Geheimnisse
Die Handlung beginnt mit einer Mädchengruppe, die eine Abkürzung durch den alten Zoo nimmt – der aufgrund von Renovierungsarbeiten seit Langem geschlossen ist. Am Eingang begegnen sie Romy. Durch Münzeinwurf wird sie aktiviert. Doch lange kann sie nicht sprechen – ihre Technik versagt. Als die Mädchen weitergehen, tritt die Zoodirektorin auf. Sie weckt Romy erneut und erteilt Aufgaben: Käfige säubern, Tiere kämmen. Alles bis Mitternacht. Kein Dank, kein Lob.
Dann ein Szenenwechsel – und ein Stimmungsumschwung: Mit einem Boogie-Tanz betreten die Tiere die Bühne. Sie singen: „Wir sind wir, zusammen sind wir stark.“
Schnell wird klar: Für die Tiere ist Romy mehr als eine Maschine. Sie sehen in ihr jemanden, der sich kümmert, im Gegensatz zur strengen Direktorin. Sie unterstützen Romy bei der Arbeit – und schenken ihr Zeit. Zeit zum Tanzen und sich selbst zu fragen: „Bin ich nur ein programmierter Roboter? Oder kann ich mehr sein?“ Die Tiere wollen helfen: Ein Zebra, das zufällig das Programmieren beherrscht, will Romy ein neues Skript schreiben. Ziel: weniger Maschine, mehr Lebewesen.
Poppy entscheidet mit dem Herzen
Währenddessen verdichten sich die Konflikte. Die Direktorin kann eine Bankrate nicht rechtzeitig bezahlen. Als Gegenleistung für den gewährten Aufschub verspricht sie dem Bankdirektor eines der Zootiere. Der Aufschrei unter den Tieren ist groß.
Die Tiere schmieden einen Plan. Jedes bringt seine Stärken ein. Sie wollen die Mädchen um Hilfe bitten. Die Wölfin, die als Hündin durchgeht und am wenigsten auffällt, soll sie holen – das gelingt. Und tatsächlich: Die Tochter des Direktors erscheint, voller Mitgefühl. Sie entscheidet: „Dann will ich lieber keines der Tiere. Sie sollen alle im Zoo bleiben.“
Tränen, Applaus und ein neuer Anfang
Ein Happy End? Noch nicht ganz. Denn in einer fast übersehenen Szene verliert die Direktorin ein altes Foto – darauf sie selbst mit Romy, als Menschenkind. Und plötzlich ist klar: Romy ist nicht nur ein Roboter. Sie war einst ihre Tochter. Die Direktorin hat das Kind in einen funktionalen Automaten verwandelt – ohne Willen, ohne Wünsche, ohne Widerrede.
Nun erkennt sie den fatalen Fehler. „Ich bereue es so“, sagt sie. Sie versucht, ihre Tochter zurückzuverwandeln – doch der Zauber funktioniert nicht. Erst als das Zebra das neue Programm abschließt und das Passwort „Ich liebe dich“ einfügt, geschieht das Wunder: Romy wird wieder zum Menschen. Ihre Antwort: „Mama, ich habe dich auch lieb.“
Diese Schlussszene war der emotionale Höhepunkt des Nachmittags. Tränen, Erleichterung, Applaus. Die Kinder zeigten nicht nur Spiel, sondern Gefühlstiefe. Und das Publikum nahm mehr mit nach Hause als nur Melodien.
Vom Wunschzettel zur großen Bühne
Die Entstehung dieses Stücks war ein Prozess, der im November begann. Die Darstellerinnen und Darsteller trafen sich wöchentlich zu anderthalbstündigen Proben. Jede und jeder durfte entscheiden, was die eigene Rolle ausmacht – Tier, Mensch oder Maschine? Gut oder böse? Viel oder wenig Text? Aus diesen Ideen entwickelte Katja Prochazkova-Körnle, die die Chamäleon-Gruppe seit 14 Jahren anbietet, wieder ein vollständiges Musical mit Liedern, Tanz und Dialogen.
Dass diese Inhalte nicht von Erwachsenen, sondern von Kindern vermittelt wurden, macht den Eindruck umso stärker. Die Tiefe des Spiels und die Kreativität der Darstellung machten deutlich: Theater kann mehr als unterhalten. Es kann berühren, anregen, erinnern – und heilen.
Die Kinder meisterten diesen Spagat zwischen Unterhaltung und Ernsthaftigkeit mit Bravour. Das Publikum spürte, wie viel Herzblut in diesem Projekt steckte. Die liebevoll gestalteten Kostüme, die fantasievollen Choreografien, der einfühlsame Gesang – all das machte „Zoo und so“ zu einem runden und bleibenden Erlebnis.
Es spielten, tanzten und sangen:
Jule Groß (Wölfin Janina)
Pauline Ficht (Waschbär Waschi)
Lara Sebisch (Leopardin Jana)
Liv Lehmann (Zebrajunge Zeus)
Daria Huber (Pandabärin Thea)
Tabea Sälinger (Pandabärin Keela)
Sina Bildstein (Pandabärin Lucy)
Jana Huber (Faultiermädchen Fauline)
Johanna Wurtz (Polarfüchsin Fiola)
Isabell Lehmann (Pinguindame Paula)
Amelie Haag (Zoodirektorin Frau Stern)
Kim Brosamer (Roboter Romy)
Annika Muster (Mädchen Lara)
Ronja Göppert (Mädchen Sarah)
Annabell Lehmann (Mädchen Hanna)
Leni Götze (Poppy Klingeling)
Jack Barth (Herr Klingeling und Tontechnik)