Gertrude Haseidl war ein Stück Alt-Zell. Mehr als acht Jahrzehnte hat sie sich um die Gäste im Hotel »Bären« gekümmert und damit ein großes Stück Wirtstradition in der Stadt Zell geprägt. Sie war die gute Seele des Hauses und Wirtin mit Leib und Seele. Am Freitag ist Gertrude Haseidl nach einem erfüllten Leben im Alter von 94 Jahren friedlich eingeschlafen.
Die Wiege von Gertrude Haseidl stand am 11. März 1924 im »Bären« in der Kirchstraße. Sie war die jüngste Tochter von Luise und Heinrich Benz, die den »Bären« betrieben haben. Von Kindheit an half sie in der Wirtschaft mit, zu der auch ein Gästehaus und eine Brauerei gehörten.
Nach dem Besuch der Volksschule und eines Klosterinternats in Sießen war für Gertrude Haseidl klar, dass sie die Familientradition fortsetzt und in die Gastronomie geht. Sie besuchte die Hotelfachschule in München-Pasing und lernte dort auch ihren späteren Ehemann Ferdinand Haseidl kennen, mit dem sie sich 1943 verlobte. Doch der zweite Weltkrieg trennte das junge Paar wieder. Gertrude wurde zum Arbeitsdienst einbezogen, den sie auf einem Bauernhof in Colmar ableistete. 1944 kehrte sie nach Zell zurück und half im elterlichen Familienbetrieb mit.
1946 heiratete sie Ferdinand Haseidl, der sich fortan um die eigene Brauerei kümmerte. Nach dem Tod ihrer Eltern übernahmen Gertrude und Ferdinand Haseidl Ende der 1950er Jahre den »Bären« und bauten den Betrieb Stück für Stück aus. Aus der Ehe gingen Sohn Heiner und Tochter Amanda hervor. Heute trauern auch sechs Enkel und fünf Urenkel um ihre Oma und Uroma.
Gertrude Haseidl blieb in ihrem langen Leben von Schicksalsschlägen nicht verschont. Bereits im Jahr 1999 musste sie von ihrem Mann Ferdinand Abschied nehmen, der im Alter von 85 Jahren verstarb. Eine ganz schwere Zeit war für sie der Unfalltod ihres Sohnes Heiner und auch die Insolvenz des Hotels »Bären«, mit der eine lange Familientradition in Zell zu Ende gegangen ist.
Trotz all dieser Schicksalsschläge hat Gertrude Haseidl ihren Lebensmut und ihren Optimismus nicht verloren. Die Familie hat ihr immer großen Halt gegeben und alle haben ihre Gertrude Haseidl in ihr Herz geschlossen. Noch bis zum 90. Geburtstag war sie täglich im Städtle anzutreffen und pflegte viele Kontakte zu den Zeller Mitbürgern. Mit der Lektüre des »Zeller Blättles« hielt sie sich auf dem Laufenden. So war die Verstorbene stets mit dem Leben in Zell eng verbunden. Große Freude hatte sie vor allem auch an der Zeller
Fasend.
In den letzten eineinhalb Jahren litt sie zunehmend unter einer Altersdemenz. In der Familie ihrer Tochter Amanda war Gertrude Haseidl gut betreut. Auch alle Enkel und Urenkel waren an ihrer Seite, als sie am vergangenen Freitag nach einem erfüllten Leben friedlich eingeschlafen ist. Ihnen und allen Angehörigen gilt die herzliche Anteilnahme.