Die Idee bei der Auswahl des Ziels war: Der Blick über den Rhein von Breisach aus war oft genug von Abschottung geprägt. Die diesjährige Exkursion der Volkshochschule Zell an dieser Stelle sollte also den oftmals in der Geschichte feindseligen Blick mit der Situation von heute vergleichen.
Das Heute wusste der Stadtführer von Breisach Hans-Jochen Voigt faktenreich und bodenständig den 41 Teilnehmern aus Zell zu erzählen. Es sei charakterisiert durch überwiegend harmonisches, nachbarschaftliches Miteinander über die Rheinbrücke hinweg – im gemeinsamen Europa. Und auf dem Weg durch die Altstadt von Breisach konnte er dies in vielen Einzelbeispielen veranschaulichen und berichten. Anstelle der geschliffenen Burg am Ende der Oberstadt steht heute das Freilichttheater der Breisacher Festspiele. Hier wurde gerade gezimmert und gebaut an den Kulissen für die anstehende Spielsaison mit Shakespeares »Was Ihr wollt«. Kultur scheint sowieso ein wichtiges Bindeglied zu sein vor Ort beidseits des Rheins, mit Öffnung zu moderner Kunst (Europa-Skulptur auf dem Münsterplatz) und der Bewahrung der Kunst des Oberrheins (Marienaltar des Meisters HL im Breisacher Münster).
Im weiteren Verlauf des Exkursionstags gelang es Madame Marianne Gnädig, im Unterlindenmuseum von Colmar, den »Isenheimer Altar« von Matthias Grünewald auf einfühlsame Weise den Teilnehmern nahezubringen zu wirklich vertieftem Verständnis der eindrucksvollen Bildersprache. Exkursionsleiter Sandfuchs zog motivliche Verbindungslinien von Schongauers »Maria im Rosenhag«, die die Gruppe in der Dominikaner-Kirche zuvor besichtigt hatte, zur Breisacher Madonna und zur Verehrung der einheimischen Maria Zur Rose der Zeller Wallfahrtskapelle. Im neuen, architektonisch reizvollen Trakt des Unterlindenmuseums in Colmar verstand es Madame Gnädig aber auch, die dort präsentierte Klassische Moderne (u. a. Picassos Guernica-Wandtepppich) verständlicher zu machen. Ohne Zweifel war die engagierte Führung von Frau Gnädig der Höhepunkt des ganzen Tags.
Die zur Geschichte gewordene dunkle, trennende Seite des Rheinübergangs bei Breisach wurde den Exkursionsteilnehmern offenbar in Neuf Brisach, eine der Festungen des Baumeisters Vauban unter Ludwig XIV., die mittlerweile sogar zum Weltkulturerbe zählen. Die Teilnehmer stiegen in den Hauptgraben der achteckigen Festung, um die gewaltigen Ausmaße der dicken Bastionstürme und
-mauern zu erfahren – und zu hören, dass sie historisch gesehen kaum nützten, den Feind, also die Deutschen in diesem Fall, auf- oder fernzuhalten. Das gleiche galt aber auch für die weitgehend geschliffene, ebenfalls von Vauban geplante Festung von Breisach, deren wechselvolle Geschichte schon von Stadtführer Voigt spannend zusammengefasst worden war.
In der schon traditionellen »literarischen Ecke« der seit 1992 jährlich von VHS Zell und Historischem Verein Zell durchgeführten Tagesfahrt stand diesmal der Colmarer Dichter Gottlieb Konrad Pfeffel, dessen umfangreiches Schaffen und Wirken vor Ort unterwegs mit Beispielen seiner geistreichen gereimten Aphorismen vorgestellt wurde und bei der Rückfahrt, gerade als der Bus bei Biberach an der Geroldseck vorbeifuhr, mit einer gerafften Zusammenfassung von Pfeffels meisterhaft erzählter, menschlich berührender Sage von »Walther von Geroldseck«.
Die Teilnehmer erhielten zum Nachlesen eine Kopie des vollständigen Texts von Pfeffel sowie auf der Strecke immer wieder (kunst-)geschichtliche bebilderte Textbeschreibungen der wichtigsten Stationen der Fahrt. Der ausdrückliche Dank der Teilnehmer war schließlich gerichtet an Sybille Nock (VHS Zell) für die Organisation des Ganzen, Bertram Sandfuchs vom Historischen Verein Zell für Konzeption und umsichtige Leitung der Fahrt und an den sicheren Busfahrer Ficht der Fa. Schnurr.