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Zell am Harmersbach | 14.10.2020

Ein Motorrad namens »Imme«

Bereicherung in Breigs Museum erinnert an die eigene Schulzeit

Foto:
Wiedersehen mit Imme: Jürgen Kindel aus Bingen, seit 15 Jahren Feriengast in Oberharmersbach, kehrt jedes Jahr bei Walter Breig ein. Im Vordergrund die Imme R 100 von rechts mit Vorderradgabelholm und Hinterradschwinge. Motor und Getriebe werden alleine von der Schwinge getragen. Das Schwingenrohr ist gleichzeitig Schalldämpfer und mündet in einem »Schwalbenschwanz«. Foto: Manfred Oestreich
von Manfred Oestreich

Walter Breig, Besitzer des gleichnamigen Motorrad- und Spielzeugmuseums in Zell, hat sich einen langgehegten Wunsch erfüllt. Bei seinen Erinnerungen an seine Schulzeit in Fußbach hat er immer den Kaplan vor Augen, welcher auf dem Weg zum Religionsunterricht mit einem leichten Motorrad die Treppe zum Schulhof emporgehüpft ist. Dieses Modell, eine Imme, rundet nun seine Sammlung ab.

Foto: Manfred Oestreich
Auf einer DKW 300, Baujahr 1928 plaudert Walter Breig aus der Schulzeit.
Foto: Manfres Oestreich
Auf der linken Seite hat die Imme weder vorn noch hinten eine Radführung.
Foto: Manfred Oestreich
Die Imme war handlich und hatte daher viele Verehrer beiderlei Geschlechts.

In den 1930er Jahren arbeitete Norbert Riedel als Konstrukteur bei namhaften Motorradherstellern wie Ardie, Victoria und den Triumph-Werken (Nürnberg). Erste Schlagzeilen machte er mit der Entwicklung eines Anlassermotors für die Turbine der Messerschmitt Me 262, dem ersten Serienstrahlflugzeug der Welt. Nach dem Krieg wandte sich Ingenieur Riedel wieder dem Motorradbau zu. Mit einem Leichtbaumodell des Typs Imme R 100 mischte er den Motorradmarkt auf. Die Imme kam aus Immenstadt, das wusste jedes Kind. Was unterschied die Imme von den Brot- und Buttermotorrädern ihrer Zeit? Die gesamte Rahmenkostruktion bestand aus nur einem Stahlrohr. Die Vorderradaufhängung war einarmig ausgeführt. Der Hersteller sprach von einer »Halbparallelogramm-Gabel«. Auch die Hinterradschwinge war einseitig ausgeführt. Sie ragte über den Drehpunkt nach vorne hinaus und trug auf der Vorderseite Motor und Getriebe. Dieses Schwingenrohr war gleichzeitig der Schalldämpfer, der hinten in einem »Schalbenschwanz« mündete. Die Hinterradfederung bestand aus einer Zentralfeder, welche die Schwinge gegen das nach vorn ansteigende Rahmenrohr abstützte.

Fortschrittliche Erscheinung

Norbert Riedel war Visionär, die gesamte Optik der Imme gewöhnungsbedürftig. Die geniale Rahmenkonstruktion war von Rohstofferspanis geprägt und würde in die heutige Zeit passen. Das Leergewicht der Imme lag bei 57 Kilogramm. Damit war das Zweirad äußerst handlich und fand viele Verehrer beiderlei Geschlechts. Der 99 ccm Zweitakter leistete 4,5 PS. Über ein Dreiganggetriebe erreichte man 75 km/h. Der Verbrauch lag bei 2,3 Liter auf 100 km/h, der Kaufpreis bei 775 DM. Die einseitige Aufhängung der Räder brachte Zeitersparnis bei der Pflege und nahm die Angst vor Reifenpannen. Vorder- und Hinterrad konnten mit wenigen Handgriffen ausgetauscht werden. Zuverlässigkeitsfahrten waren sehr populär und hatten wesentlichen Einfluss auf das Kaufverhalten im Lande. Die erste ADAC-Deutschlandfahrt anno 1950 führte über 1.800 Kilometer von Hannover nach München. Unter 271 Teilnehmer fuhr die Imme eine Goldmedaille ein.

Von 1949 bis 1951 wurden in Immenstadt 12.000 Fahrzeuge auf die Räder gestellt. Ein zurückgezogener Bankkredit brachte das Ende für die Riedel Motoren AG.

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