Bereits am 13. Mai hatte eine Spezialeinheit der Polizei K\u00f6ln einen Mann in Nordrach festgenommenen, der eine zentrale Rolle im bundesweiten Kindesmissbrauchskomplex Bergisch Gladbach gespielt haben soll. Die Polizei geht nach eigener Einsch\u00e4tzung davon aus, einen der Koordinatoren gefasst zu haben. Der Mann aus Nordrach sei der Administrator eines der Chatforen, in dem sich P\u00e4dophile ausgetauscht h\u00e4tten, sagte der K\u00f6lner Polizeipr\u00e4sident Uwe Jacob bei einer Pressekonferenz am Mittwoch in K\u00f6ln. Kriminaldirektor Michael Esser beschrieb den Festgenommenen als \u00bbzentrale Pers\u00f6nlichkeit, die die Chatverl\u00e4ufe zusammenh\u00e4lt\u00ab. Das Amtsgericht Offenburg habe mittlerweile Untersuchungshaft gegen ihn verh\u00e4ngt.<\/strong><\/p>\n <\/p>\n \u00bbUnser Ziel ist es, Kinder\u00adsch\u00e4nder mit allen Mitteln des Rechtsstaats aus dem Verkehr zu ziehen\u00ab, betonte Polizeipr\u00e4sident Uwe Jacob am Mittwoch in K\u00f6ln. Bereits seit Oktober 2019 ermittelt die Polizei im bundesweiten Komplex Bergisch Gladbach. Nach sieben Monaten konnten schon 40 Ermittlungsverfahren eingeleitet werden, was die Dimension des Verfahrens deutlich mache. Einer der Hauptverd\u00e4chtigen wurde am Dienstag zu zehn Jahren Haft verurteilt und auf unbestimmte Zeit in die geschlossene Psychiatrie eingewiesen (wir berichteten).<\/p>\n Der Einsatz der K\u00f6lner Polizei in Baden-W\u00fcrttemberg mache die Ausnahmesituation deutlich und sei in enger Abstimmung mit dem Innenministerium und der Justiz erfolgt. Die Einsatzkr\u00e4fte h\u00e4tte ihr tiefgreifendes Erfahrungswissen eingesetzt und seien unter strengster Geheimhaltung vorgegangen. Uwe Jacob bedankte sich bei dem Offenburger Polizeipr\u00e4sidenten Reinhard Renter f\u00fcr die gro\u00dfe Unterst\u00fctzung durch die Kollegen aus Baden-W\u00fcrttemberg.<\/p>\n Inzwischen konnten deutschlandweit 72 Tatverd\u00e4chtige festgenommenen werden. Ebenfalls wurden bisher 44 Opfer ermittelt, deren Alter zwischen drei Monaten und 14 Jahren liegt. Allerdings seien diese Zahlen nur ein Zwischenstand. \u00bbWir sind bei den Ermittlungen noch lange nicht am Ende\u00ab, gab Jacob zu bedenken.<\/p>\n Der K\u00f6lner Polizeipr\u00e4sident sprach davon, dass die Ermittler Einblicke gewonnen h\u00e4tten, \u00bbdie das Vorstellungsverm\u00f6gen der meisten Menschen sprengen\u00ab. Die psychischen Belastungen seien so gro\u00df, dass mindestens drei Kolleginnen und Kollegen aufgrund der Ermittlungen l\u00e4ngerfristig krank geworden seien.<\/p>\n In individuellen Gruppen seien teilweise 16-Stunden-Schichten erforderlich gewesen, um den T\u00e4tern auf die Spuren zu kommen. Uwe Jacob betonte, dass die Polizei bei der Bek\u00e4mpfung von Kindesmissbrauch alle M\u00f6glichkeiten aussch\u00f6pfen werde, wozu auch verdeckte Ermittlungen geh\u00f6ren. \u00bbWir sagen den P\u00e4do-Kriminellen den Kampf an\u00ab, lie\u00df Polizeipr\u00e4sident Jacob keinen Zweifel. Die Zahl der Ermittler bei der Polizei K\u00f6ln seien verdoppelt worden.<\/p>\n \u00bbEin Ende ist nicht absehbar\u00ab, bef\u00fcrchtete auch Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer, der als Pressesprecher der Staatsanwaltschaft K\u00f6ln am Mittwoch \u00fcber die Zusammenh\u00e4nge der Cyberkriminalit\u00e4t sprach. Zwei Oberstaatsanw\u00e4lte und sieben Staatsanw\u00e4lte seien mit den F\u00e4llen besch\u00e4ftigt, was auch f\u00fcr die Staatsanwaltschaft K\u00f6ln, eine der gr\u00f6\u00dften in Deutschland, eine beachtliche Zahl darstelle. Zehn Personen befinden sich in U-Haft, sieben Personen seien angeklagt, berichtete Bremer von aktuellen Verfahrensstand.<\/p>\n Bremer sprach von einem Schneeball-System: Mit jedem T\u00e4ter, jedem neu enth\u00fcllten Chat erg\u00e4ben sich wieder Spuren zu weiteren Beteiligten. In entsprechenden Chatgruppen w\u00fcrden die Beteiligten ihre eigenen Erfahrungen und ihre Missbrauchsfantasien austauschen. Es offenbare sich hier ein \u00bbAbgrund\u00ab, der verst\u00f6re, sagte Bremer.<\/p>\n Eine hohe Anzahl von Teilnehmern bewege sich in einem vermeintlich rechtsfreien Raum und zeige sich dabei wenig konspirativ. Die Staatsanwaltschaft werde nun die rechtliche Beurteilung pr\u00fcfen, ob solche Personen auch wegen des bandenm\u00e4\u00dfigen Verbreitens von kinderpornografischem Material angeklagt werden k\u00f6nnen.<\/p>\n Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer zeigte sich sicher, dass sich die Fallzahlen weiter erh\u00f6hen werden. Dabei offenbare sich ein Abgrund, der in diesem Umfang, dieser Auspr\u00e4gung und Intensit\u00e4t so nicht zu erwarten gewesen w\u00e4re.<\/p>\n Kriminaldirektor Michael Esser, der bei der K\u00f6lner Polizei die Ermittlungsgruppe gegen den Kindesmissbrauch leitet, schilderte am Mittwoch Details der besonderen Einsatzlage am 13. Mai in Nordrach. Leitmotiv f\u00fcr die Polizei sei es, Kinder aus den F\u00e4ngen ihrer Peiniger zu befreien. 120 Ermittler seien im Einsatz, um Datentr\u00e4ger auszuwerten und um kleinste Puzzleteile zusammenzuf\u00fcgen, die dann zu den T\u00e4tern f\u00fchren. Bei einigen Personen stehe man kurz vor der Identifizierung, einige werde man nicht mehr finden.<\/p>\n Zu Beginn sei es den Ermittlern bewusst gewesen, dass es eine zentrale Person geben m\u00fcsse, die die Chatverl\u00e4ufe zusammenh\u00e4lt. Diesen Menschen galt es ausfindig zu machen. Die Spuren f\u00fchrten nach Baden-W\u00fcrttemberg. Es seien weitere verdeckte Ermittler zum Einsatz gekommen, berichtete Kriminaldirektor Esser. In Nordrach vor Ort wurde verbaut, um ein klares Bild \u00fcber den Tatverd\u00e4chtigen zu erhalten und um sein Lebensumfeld aufzukl\u00e4ren.<\/p>\n Am 13. Mai haben die Spezialkr\u00e4fte den Mann in seiner Wohnung \u00fcberrascht, so dass er keine Gelegenheit gehabt habe, Beweismittel zu vernichten, schilderte Esser. Die Wohnungst\u00fcr sei daf\u00fcr mit einer Schrotflinte beschossen worden, es habe keine Verletzten gegeben. \u00bbEs war ein erfolgreicher Zugriff der BAO Berg\u00ab, stellte der Kriminaldirektor fest.<\/p>\n Bei der Hausdurchsuchung seien auch Datensp\u00fcrhunde aus Nordrhein-Westfalen zum Einsatz gekommen. Beschlagnahmt wurden 550 Gi\u00adgabyte Daten auf 56 Datentr\u00e4gern sowie sieben Handys. Als weiteres Beweismittel sei Kinderunterw\u00e4sche gefunden worden, die definitiv nicht zu dessen Haushalt geh\u00f6ren. Damit wurde der Verdacht des sexuellen Missbrauchs von Kindern untermauert.<\/p>\n Gegen den Mann aus Nordrach wurde vom Amtsgericht Offenburg ein Untersuchungs-Haftbefehl erlassen. Der T\u00e4ter habe sich zur Sache eingelassen, informierte Kriminaldirektor Michael Esser.<\/p>\n Die beschlagnahmten Daten wurden nach Nordrhein-Westfalen gebracht, wo sie nun weiter ausgewertet werden. Daraus werde man viele weitere Erkenntnisse ziehen, zeigte sich Esser sicher. Aktuell sei Bewegung in der Sache. Er versprach: \u00bbWir bleiben dran. Das sind wir den Opfern schuldig.\u00ab<\/p>\n Dadurch, dass die Ermittler direkt ins Handy des Mannes h\u00e4tten schauen k\u00f6nnen, seien sie auf mehrere Kinder aufmerksam geworden, die aktuell noch missbraucht worden seien. Dazu habe ein drei Monate altes Baby geh\u00f6rt. Der Mann, der dieses Kind missbraucht habe, befinde sich nun ebenfalls in Untersuchungshaft, informierte Polizeipr\u00e4sident Uwe Jacob.<\/p>\n In dem Komplex sei zudem eine weitere Anklage erhoben worden, sagte Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer. Sie richte sich gegen einen Mann aus Bergisch Gladbach, dem unter anderem sexueller Missbrauch von Kindern in mehreren F\u00e4llen zur Last gelegt werde. Der Angeschuldigte befindet sich in Untersuchungshaft.<\/p>\n K\u00fcrzlich war in dem Fall Anklage gegen den 43 Jahre alten Hauptverd\u00e4chtigen erhoben worden. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Deutschen unter anderem vor, seine 2017 geborene Tochter immer wieder sexuell missbraucht zu haben. Den \u00fcberwiegenden Teil habe er fotografiert und gefilmt und diese Aufnahmen an Chatpartner weitergeleitet. Bei dem Angeklagten aus Bergisch Gladbach hatte es im Oktober 2019 die erste Durchsuchung gegeben, die den Fall ins Rollen gebracht hatte. Ermittler fanden riesige Mengen kinderpornografischen Materials, mit dessen Auswertung Dutzende Spezialisten bis heute besch\u00e4ftigt sind. Die Ermittlungen erstrecken sich mittlerweile \u00fcber alle L\u00e4nder der Bundesrepublik.<\/p>\n B\u00fcrgermeister Carsten Erhardt:<\/strong><\/p>\n In einer Pressemitteilung nahm B\u00fcrgermeister Carsten Erhardt am Mittwochnachmittag Stellung zu den Berichten \u00fcber die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft K\u00f6ln im Zusammenhang mit dem Verdacht des sexuellen Missbrauchs von Kindern:<\/p>\n \u00bbIch bin entsetzt \u00fcber die j\u00fcngsten Berichte im Zusammenhang mit den Ermittlungen der K\u00f6lner Staatsanwaltschaft bez\u00fcglich des Verdachts des sexuellen Missbrauchs von Kindern und der Verbreitung von kinderpornografischen Inhalten. Ich verurteile vehement und aufs Sch\u00e4rfste die Ausbeutung und den Missbrauch von Menschen, insbesondere von schutzbed\u00fcrftigen Kindern. Zudem, als Vater von zwei Kleinkindern widert mich allein der Gedanke an diese abscheulichen Vorw\u00fcrfe extrem an.<\/p>\n Tiefes Mitgef\u00fchl habe ich mit den Opfern und deren Familien, die lebenslang unter diesen Taten leiden m\u00fcssen. Ich hoffe inst\u00e4ndig, dass die Opfer eines Tages wieder ein normales Leben f\u00fchren k\u00f6nnen.<\/p>\n Der Tatverd\u00e4chtige ist ein unauff\u00e4lliger und unscheinbarer Einzelg\u00e4nger, der in Nordrach seinen Wohnsitz hat. Ich bin \u00fcberzeugt, dass die zust\u00e4ndigen Strafverfolgungsbeh\u00f6rden diesen Fall intensiv und gr\u00fcndlich aufarbeiten werden. Sollten sich die Vorw\u00fcrfe best\u00e4tigen, hoffe ich, dass die volle H\u00e4rte des Gesetzes zum Tragen kommt. Dar\u00fcber hinaus hoffe ich, dass durch diese Ermittlungen weitere Festnahmen get\u00e4tigt werden k\u00f6nnen, damit solche unmenschliche \u203aVerbrechenss\u00fcmpfe\u2039 ein f\u00fcr alle Mal trockengelegt werden k\u00f6nnen.<\/p>\n Zudem danke ich den Strafverfolgungsbeh\u00f6rden f\u00fcr die gute Zusammenarbeit und biete weiterhin an, die Ermittlungen nach Kr\u00e4ften zu unterst\u00fctzen.\u00ab<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"Einblicke sprengen das Vorstellungsverm\u00f6gen<\/h3>\n
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