Auf der Gemarkung Oberharmersbach gibt es über 63 Brücken und Durchlässe. Nach der geltenden Richtlinie müssen diese Bauwerke alle sechs Jahre einer Hauptuntersuchung unterzogen werden. Zuletzt geschah dies in Oberharmersbach im Jahre 2006. Die längst überfällige Prüfung wurde in den letzten Wochen in Auftrag gegeben – mit einem teilweise ernüchternden Ergebnis.
Müllabfuhr und Schulbus, Heizöltankzüge und Langholzfahrzeuge, Milchwagen und Busse sowie Rettungsfahrzeuge der Feuerwehr haben in manchen Oberharmersbacher Seitentälern derzeit ein Problem. Besonders drastisch ist die Lage im Riersbachtal. Unmittelbar an der Abzweigung von der L94 bremst ein Schild an der Brücke jeden Schwerlastverkehr: 3,5 Tonnen. Und dasselbe verkünden Schilder im Zuwälder Tal bei der Kapelle und im Waldhäustertal beim Lehmes-Hof, in beiden Fällen weiter hinten im Tal. Selbst in der Ortsmitte schränkt ein Schild die Tonnagezahl ein. Der Teil des Rathausplatzes, der den Waldhäuserbach überdeckt, darf nur bis zu
1,5 Tonnen belastet werden. Erstmals wurde hier von verantwortlicher Seite 2005 dringender Sanierungsbedarf angemahnt.
Die Aufregung war groß über die Reaktion der Verwaltung, das Telefon beim Bürgermeister stand nicht mehr still. Sei das wirklich notwendig, wurde verständnislos gefragt. Und das sei doch übertrieben, da doch gar nichts passiert sei, lautete der Tenor der Beschwerden beim Bürgermeister. »Auch wenn sich die Vorsichtsmaßnahmen später im ein oder anderen Fall als überzogen herausstellen könnten, kann ich das Prüfungsergebnis derzeit nicht übergehen und muss mich an die Vorgaben der Fachleute halten« betont Bürgermeister Richard Weith den rechtlichen Aspekt. Er habe großes Verständnis für die berechtigen Sorgen der Anwohner, aber für die Beschwerden sei er der falsche Adressat. Schließlich seien die Schäden teilweise seit Jahren bekannt und er habe jetzt nur das in die Wege geleitet, was aus Gründen der Verkehrssicherheit geboten war.
Die Firma »Hampf Consult« aus Offenburg kennt die Oberharmersbacher Brückenbauwerke, da sie auch mit der letzten Hauptuntersuchung im Jahre 2006 beauftragt war. Bereits damals wurden Brückenbauwerke, auch die jetzt besonders betroffenen, als »kritisch« bzw. »ungenügend« eingestuft. Das vorgegebene Prüfungsintervall 2012 blieb unberücksichtigt.
Bürgermeister Richard Weith hat die Prüfung jetzt veranlasst und ist an das Gutachten der beauftragten Firma gebunden. »Sollte tatsächlich etwas passieren, bin ich verantwortlich« gibt er zu bedenken. »Ich übernehme die Verantwortung für die teilweise begrenzte Sperrung, aber nicht für die jetzt vorliegenden Schäden, die man gegebenenfalls durch zeitnahe Sanierungsmaßnahmen hätte vermeiden können« betonte Richard Weith in der Sitzung des Gemeinderates.
Schäden sieht in vielen Fällen nur der Fachmann oder die Fachfrau. Langjährige Erfahrung schult das Auge, um den tatsächlichen Zustand der Brückenbauwerke richtig einzuschätzen. Ausgespülte Fugen, abgesenkte Schlusssteine bei Bogenbrücken und Verformungen im Steinverband, angegriffene Stahlbetonteile, unterspülte Widerlager – die Liste der Mängel ist lang. Dabei ist erst ein kleiner Teil der Brücken untersucht. Weiterer Sanierungsbedarf kann nicht ausgeschlossen werden.
»Wir arbeiten mit Hochdruck an Lösungen« beruhigt Bürgermeister Richard Weith die Gemüter. Gespräche seien bereits geführt, unter anderem mit dem Technischen Hilfswerk wegen einer Behelfsbrücke zum Riersbachtal, und man habe auch mögliche Zuschüsse für die Sanierung bzw. Erneuerung ausgelotet. Und er bot einen Kompromissvorschlag an: Nach Abstimmung mit dem Prüfbüro dürften nicht aufschiebbare Transporte nach Voranmeldung und Genehmigung durch die Gemeinde mit einer einmaligen Ausnahmeregelung durchfahren. Nur sollte die Belastung auf jeden Fall gering gehalten werden, also das Müllauto möglichst leer zu Beginn der Tour und Heizöltankfahrzeuge mit möglichst geringer Last am Ende einer Lieferkette. Im Gegenzug hat die Gemeinde eine zeitlich engmaschige Überprüfung der Bauwerke angeordnet.