Kann die Gemeinde Oberharmersbach die beiden Großprojekte Neubau des Feuerwehrgerätehauses und Renovierung des Rathauses im Zuge der Ortskernsanierung zeitgleich realisieren? Darüber gab es bei den Haushaltsplanberatungen im Gemeinderat deutlich unterschiedliche Meinungen. Auf der einen Seite stehen der Erhalt hoher Landeszuschüsse, auf der anderen Seite eine hohe Kreditaufnahme.
Für den Bau des neuen Feuerwehrstandorts auf dem Gelände der ehemaligen Schreinerei Kempf einschließlich der Brücke und des Grunderwerbs werden rund 2,2 Millionen Euro veranschlagt. Die Fördermittel addieren sich hierfür auf 659.000 Euro (Ausgleichsstock 400.000 Euro, Fachförderung 180.000 Euro, Städtebauförderung für den Grunderwerb 79.000 Euro).
Die Sanierung des Rathauses als erster Schritt der Ortskernsanierung soll im Vermögenshaushalt mit einer Million Euro veranschlagt werden. Für die Sanierung der Ortsmitte hat die Gemeinde bereits einen bewilligten Zuwendungsbescheid vom Land in Höhe von 500.000 Euro. Allerdings läuft der Bewilligungszeitraum zum Jahrsende 2017 aus. Zusätzlich hat die Gemeinde in Aussicht, weitere 200.000 Euro aus dem Ausgleichstock zu erhalten.
»Wir stehen nun vor der Herausforderung, zwei Großprojekte gleichzeitig zu realisieren«, stellte Bürgermeister Siegfried Huber bei den Haushaltsplanberatungen am Dienstagabend fest. Gleichzeitig warb er für eine schrittweise Realisierung, bei der der Gemeinderat jederzeit Herr des Verfahrens bleibe. Huber warnte davor, die bereits zugesagten Fördermittel wieder aus der Hand zu geben.
Als nächster Schritt, so Bürgermeister Huber, müssten nun die Hauptgewerke für das Feuerwehrhaus vergeben werden. In Sachen Rathaussanierung empfahl er dem Gemeinderat, eine Planungsgruppe einzurichten, die sich mit der weiteren Entwicklung des Projekts befasst.
»Eng, aber machbar«
Rechnungsamtsleiterin Bärbel Roser-Pirk erläuterte dem Ratsgremium den von ihr für das Jahr 2017 ausgearbeiteten Haushaltsplan. Der bereits im Januar beratene Verwaltungshaushalt sei in Ordnung. Dort gebe es nur geringen Gestaltungsspielraum. Den Vermögenshaushalt bezeichnete sie als »eng, aber immer noch machbar«.
In ihrem vorläufigen Zahlenwerk stellte sie dar, dass sich der Schuldenstand der Gemeinde im Jahr 2016 von 1,1 auf 2,0 Millionen Euro fast verdoppeln wird. Bis Ende 2017 werden die Schulden dann auf rund 3,5 Millionen Euro ansteigen – wenn alle Investitionen realisiert werden. Entsprechend der Kreditaufnahme erhöht sich auch die Pro-Kopf-Verschuldung von 445 Euro Ende 2015 auf 801 Euro zum Jahresende 2016 und auf mögliche 1420 Euro Ende 2017.
Chance auf Fördermittel nutzen
Gemeinderat Hubert Müller plädierte dafür, beide Maßnahmen umzusetzen und damit die Chance auf den Erhalt von Fördermitteln zu nutzen. Ohne diese könnte die Gemeinde die dringend notwendige Rathaussanierung nicht umsetzen. Die Pro-Kopf-Verschuldung sei nur ein Argument. Auf der anderen Seite habe man dann in Sachen Rathaussanierung wieder für die nächsten 30 bis 40 Jahre Ruhe. Er forderte das Gremium dazu auf, mit Mut diesen Schritt zu gehen.
Auch Gemeinderätin Anja Jilg sieht in der Rathaussanierung »ein absolutes Muss«. Bei der Sanierung gehe es nicht nur um die Optik. Das Problem, dass man in der Gemeinde auch immer noch andere Baustellen habe, begleite den Gemeinderat schon über Jahrzehnte. »Verschieben bringt nichts«, bezog Anja Jilg klar Position. »Wir schmeißen das Geld nicht raus, sondern investieren«, stellte Gemeinderat Hubert Müller fest. Auch er forderte dazu auf, sind hinter die Sache zu stellen und dafür zu kämpfen, zumal sich die Gesamtsituation günstig darstellt.
Verschuldung ist nicht tragbar
»Wir können uns dieses Projekt nicht leisten«, bezog Gemeinderat Roland Buttgereit klar Stellung und war der Meinung, dass die Verschuldung in dieser Höhe nicht tragbar sei. »Sparen ist doch keine Schande«, war er dafür, zuerst Rücklagen für die Ortskernsanierung zu bilden. Er zeigte sich auch sicher, dass es auch in Zukunft wieder Fördermittel des Landes für die Gemeinde geben werde und deshalb die Chance nicht vertan sei.
Die Pro-Kopf-Verschuldung dürfe nicht über 1000 Euro steigen, stellte Gemeinderätin Sonja Wurth fest und sprach mit dem Blick auf den Haushaltsplan von »schöngerechneten Zahlen«. In den letzten Jahren habe man immer rund 50.000 Euro für den Straßenunterhalt gebraucht, jetzt seien nur noch 18.000 Euro angesetzt. Nicht berücksichtigt seien andere Maßnahmen wie der Breitbandausbau oder die Sanierung der Treppen und Toiletten in der Schule. In Sachen Investitionen forderte sie dazu auf, »realistisch zu bleiben«.
»Die Konzepte sind toll, aber wir brauchen einen Sack Geld von oben«, stellte Gemeinderat Andreas Kasper fest. Er war der Meinung, dass die Gemeinde ein Problem habe, wenn nicht alle Zuschüsse wie geplant fließen.
Verwaltungs- und Wasserhaushalt beschlossen
»Wir sollten die Vorgehensweise in einer weiteren Sitzung ohne Druck beraten«, hatte Bürgermeister Huber zu Beginn der Haushaltsdebatte festgestellt, zumal die Zahlen erst direkt zur Sitzung auf dem Tisch lagen. Diesem Vorschlag folgte der Gemeinderat.
Verabschiedet wurde vom Gemeinderat mit 10 Ja-Stimmen und bei zwei Enthaltungen die Planung des Verwaltungshaushalts 2017. Dieser Teil hatte das Gremium bereits in seiner Sitzung im Januar beraten. Der Haushaltsansatz liegt bei den Einnahmen und Ausgaben bei 6.878.500 Euro und damit knapp über dem Jahr 2016. Die Zuführungsrate zum
Vermögenshaushalt ist mit 175.900 Euro ausgewiesen.
Der Wirtschaftsplan für den Eigenbetrieb Wasserversorgung wurde vom Gemeinderat einstimmig beschlossen.